Rezension zu „Die Wand“ von Marlen Haushofer

Marlen Haushofers oft verkannter Roman „Die Wand“ entführt die Leser in die Gedankenwelt einer Frau, die abrupt von der Außenwelt abgeschnitten wird. Das Buch ist aufgrund seines Themas aktueller denn je!

Nach einem unbeschwerten Aufenthalt in einem Jagdhaus in den Bergen, als ihre Cousine und deren Mann ins Dorf gehen und nicht mehr zurückkehren, findet sich die Protagonistin vor einer unüberwindbaren Wand wieder – eine Metapher für die Isolation und die Zerbrechlichkeit menschlicher Beziehungen.

Inmitten dieser unfreiwilligen Einsamkeit schafft sich die Frau eine neue Realität, indem sie sich mit der Natur und den wenigen Tieren, die zu ihr finden, arrangiert. Diese Überlebensgeschichte entfaltet sich mit überraschender Intensität und lässt die Leser tief in die Psyche der Hauptfigur eintauchen. Haushofer gelingt es, die Herausforderungen des Überlebens – mit Survival-Charakter – und die innere Suche nach Sinn in einer plötzlich veränderten Lebenssituation eindringlich darzustellen.

In einer Zeit, in der soziale Medien und digitale Technologien oft zu mehr Einsamkeit führen, ist die Botschaft des Buches besonders interessant. Die Protagonistin wird mit der Einsamkeit konfrontiert, die viele Menschen im 21. Jahrhundert trotz ständiger Onlinepräsenz und scheinbarer Erreichbarkeit erleben. Die „Wand“ wird zum Symbol für die inneren und äußeren Barrieren, die wir in einer hypervernetzten Welt erfahren, in der echte zwischenmenschliche Beziehungen oft auf der Strecke bleiben.

„Die Wand“ ist nicht nur ein beeindruckendes literarisches Erlebnis, sondern auch ein zeitloses Plädoyer für die menschliche Widerstandskraft und die Kraft der Selbstfindung. Marlen Haushofer, eine der bedeutendsten deutschsprachigen Autorinnen des 20. Jahrhunderts, hat mit diesem Roman ein Meisterwerk geschaffen, das auch nach vielen Jahrzehnten nichts von seiner Relevanz und Kraft verloren hat und uns anregt, über unsere eigenen Beziehungen und die Bedeutung von Einsamkeit nachzudenken.

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