Frau Tödter, Ihr Buch „Ohne Zucker“ gibt zahlreiche Tipps, wie man den Heißhunger auf Süßes zähmen kann. Sie haben Ihre eigene Erfahrung mit Zuckerkonsum und Suchtverhalten gemacht. Was war der Wendepunkt, an dem Sie beschlossen, Ihrem Leben die „Zuckerkette“ zu durchbrehen?
Regina Tödter: Sehr gerne! Die Wende kam, als ich 25 Jahre alt war. Ich war Studentin und verbrachte einen Urlaub in den Alpen, wo ich zum ersten Mal den direkten Zusammenhang zwischen meiner Ernährung und meiner körperlichen Verfassung erkannte. Ich wollte die Berge erklimmen und litt stattdessen unter ständiger Müdigkeit und Antriebslosigkeit. Zuerst dachte ich, es läge am Stress des Studiums, aber in den Alpen wurde mir klar, dass der Zucker, den ich auch dort in Form von Kuchen und überzuckertem Glühwein zu mir nahm, der eigentliche Auslöser meiner Erschöpfung war. Die Abgeschiedenheit in den Bergen hatte zur Folge, dass ich mich zum ersten Mal intensiv und kritisch mit dem Thema Ernährung auseinandersetzte. Schließlich standen die letzten Prüfungen an der Uni bevor – und ich wollte nicht, dass meine Essgewohnheiten diese wichtigen Phasen beeinträchtigen. Also beschloss ich, etwas zu ändern. Ich habe Zucker komplett aus meinem Leben gestrichen.
Und diese Erkenntnis hat Sie zu einem völlig neuen Lebensstil geführt, richtig? Was war der größte „Aha-Moment“ auf Ihrem Weg?
RT: Der größte Aha-Moment war, als ich merkte, wie schnell mein Körper ohne Zucker wieder zu funktionieren begann. Plötzlich war ich viel fitter, wacher und konnte mich besser konzentrieren – und das ohne den ständigen Zuckerschub! Dazu kam, dass ich fünf Kilo verlor und einfach viel mehr Energie hatte. Der Blick auf den Zuckerkonsum hat mir nicht nur körperlich, sondern auch mental neue Freiheit gegeben. Es war wie eine Befreiung von einer Last, die mich jahrelang begleitet hatte.
In Ihrem Buch sprechen Sie von Zucker als Suchtmittel. Die Idee, dass Zucker ähnlich wie eine Droge wirkt, ist spannend und vielleicht für viele auch überraschend. Sie selbst haben ja mal humorvoll als „Anti-Zuckerfee“ im BILD-Interview von 2015 in Nürnberg Schlagzeilen gemacht. Wie kam es dazu?
RT: (lacht) Ja, das Etikett „Anti-Zuckerfee“ war eine typische BILD-Titelzeile. Damals war ich für viele „die Frau, die dem Zucker den Kampf ansagt“. Die Medien fanden das ein bisschen skurril, denn es gab noch nicht viele Menschen, die den Zuckerkonsum so in Frage gestellt haben, wie wir es heute tun!
Tatsächlich gehörte mein Buch zu den ersten, dass sich mit dem Thema Zuckersucht auseinandersetzte. Vor 15 Jahren gab es nur wenig Aufklärung über die möglichen Folgen von zu viel Zucker und noch keine zuckerfreien Produkte auf dem Markt – ganz im Gegensatz zu heute, wo die Fitnessbranche einen regelrechten Boom an zuckerfreien Alternativen ausgelöst hat. Heute stoße ich seltener auf Unverständnis oder fragende Blicke – das Thema Zucker ist angekommen. Ich stelle aber fest, dass es nach wie vor wichtig ist, über dieses Thema zu sprechen.
Sie haben bereits das Thema Sucht angesprochen. In Ihrem Buch erklären Sie, dass viele Menschen oft erst dann ihre Essgewohnheiten hinterfragen, wenn die gesundheitlichen Folgen bereits deutlich spürbar sind. Was raten Sie Ihren Lesern, wie sie frühzeitig gegensteuern können?
RT: Der erste Schritt ist immer, sich bewusst zu machen, wie viel Zucker man im Alltag tatsächlich zu sich nimmt. Viele Menschen wissen gar nicht, wie viel Zucker in versteckter Form in ihren Mahlzeiten steckt. Und dann hilft es, kleine, aber entscheidende Veränderungen vorzunehmen. In meinem Buch gebe ich 50 einfache Tipps, wie man Schritt für Schritt die Lust auf Zucker reduzieren kann – ohne gleich alles zu verbannen. Es geht nicht darum, sich alles zu verbieten, sondern eine Balance zu finden. Wer seinen Zuckerkonsum bewusst hinterfragt, wird bald merken, wie er die Kontrolle zurückgewinnt.
Ein weiterer Punkt, den Sie ansprechen, ist das Umfeld. Was können wir tun, wenn unser soziales Umfeld uns immer wieder zu einem ungesunden Zuckerkonsum verleitet?
RT: Ja, das Umfeld – das ist oft der schwierigste Aspekt! Viele von uns sind in sozialen Kreisen, in denen regelmäßig Süßigkeiten konsumiert werden. Ich selbst gehe damit relativ entspannt um. Jeder sollte für sich selbst wissen, was ihm gut tut. Das ist wirklich sehr individuell. Es geht dabei vor allem um Toleranz. Für mich persönlich existiert Zuckriges einfach nicht, und ich nehme ihn gar nicht mehr wahr. Es ist wie bei jemandem, der nie Espresso trinkt und deshalb nie auf die Idee käme, einen zu bestellen oder darüber nachzudenken, dass es eine Option sein könnte.
Abschließend: Was würden Sie den Menschen raten, die ihren Zuckerkonsum wirklich reduzieren wollen?
RT: Der Verzicht auf Zucker kann eine echte Herausforderung sein. Denn er begegnet uns immer und überall. Der erste Schritt ist immer eine Bewusstseinsänderung: zu erkennen, dass man nicht ewig in diesem Teufelskreis gefangen sein muss. Die Lust auf Süßes ist normal, aber der Körper kann sich auch wieder an eine weniger süße Ernährung gewöhnen. Mit Geduld, kleinen Veränderungen und der richtigen Einstellung kann jeder einen besseren Umgang mit Zucker finden – und das Beste ist: Die Blutzuckerschwankungen kommen schnell wieder ins Gleichgewicht und man fühlt sich gleich viel besser!
Vielen Dank für dieses Gespräch. Ihre Ratschläge sind sicher hilfreich für alle, die „zuckerfrei“ durch den Alltag gehen wollen. Das Buch „Ohne Zucker“ ist seit Januar 2025 im Verlag BoD als Neuauflage erhältlich.